Boden- und Pflanzenernährung

Boden- und Pflanzenernährung

Einleitung: Oder was dieser Artikel nicht kann

In diesem Artikel werde ich ausdrücklich nicht beschreiben, wie man richtig düngt. Dies hat im Wesentlichen folgende Gründe:

Das Thema ist so komplex, dass sich hunderte Seiten damit füllen ließen. Am Ende des Artikels habe ich einige Bücher aufgelistet, die mir dabei geholfen haben, mich in die Thematik einzulesen. Außerdem steht der aktuelle Stand der Forschung zunehmend auf dem Prüfstand. Die mineralische Düngung wird zukünftig wohl durch Biostimulanzien sinnvoll ergänzt werden und auch die Rolle des Edaphons bei der Pflanzenernährung wird aktuell neu bewertet. Was dieser Artikel dennoch kann, ist eine allgemeine Annäherung an das Thema, die uns verstehen hilft, wie Pflanzen sich ernähren und wie ihnen das Bodenleben dabei hilft. Ergänzt wird das Ganze durch Bilder mit Mangelerscheinungen bei Pflanzen aus meiner eigenen gärtnerischen Vergangenheit.

Pflanzen und Nährstoffe


Pflanzen benötigen Nährstoffe in einem „ausgewogenen" Verhältnis, damit sie optimal wachsen. Eine Düngung nach guter fachlicher Praxis versorgt Pflanzen mit notwendigen Pflanzennährstoffen und erhält und fördert die Bodenfruchtbarkeit.


Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung

Pflanzen nehmen Nährstoffe als Ionen (elektrisch geladene Teilchen) auf, diese sind nur im Wasser löslich. Pflanzen benötigen Nährstoffe in unterschiedlichen Mengen. Dementsprechend spricht man in der Pflanzenernährung von Hauptnährstoffen (hoher Bedarf) und Spurenelementen (niedriger Bedarf).

Hauptnährstoffe sind: Stickstoff (N), Phosphor (P), Kalium (K), Kalzium (Ca), Magnesium (Mg) und Schwefel (S).

Spurenelemente sind: Eisen (Fe), Mangan (Mn), Bor (B), Zink (Zn), Kupfer (Cu), Chlor (Cl) und Molybdän (Mo).

Die Aufnahme von Nährstoffen durch die Pflanze erfolgt natürlicherweise durch Diffusion durch die Wurzeln. Diffusion ist der Ausgleich eines Konzentrationsgefälles. Wenn höhere Nährstoffkonzentrationen im Boden vorliegen, diffundieren diese durch die Wurzeln in die Pflanze, um so einen Konzentrationsausgleich stattfinden zu lassen. Von den Wurzeln wird der Nährstoff dann über den Saugdruck innerhalb der Pflanze transportiert. Der Saugdruck entsteht durch Transpiration der Blätter.

Verfügbarkeit von organischen Nährstoffen im Boden

Im natürlichen Prozess wird organische Substanz durch das Bodenleben (Edaphon) mineralisiert und humifiziert. Dabei werden Komplexe organische Strukturen vom Edaphon „verdaut“ und ausgeschieden und so für die Pflanzen verfügbar gemacht. Pflanzen geben über ihre Wurzeln Exsudate ab um die Organismen des Bodenlebens anzulocken, die die für sie relevanten Nährstoffe aus dem Boden aufschließen. Es besteht eine Symbiose zwischen Pflanze und Bodenleben.

Bei einer rein mineralischen Düngung mit Düngesalzen ist diese Symbiose gestört. Es wird nur noch die Pflanze ernährt und nicht mehr das Bodenleben. Letzteres verarmt.

Ein verarmtes Bodenleben kann die Pflanze nicht mehr in Extremsituationen wie zum Beispiel Trockenheit und Krankheitsdruck unterstützen. Die Pflanzen sind in der Konsequenz weniger resilient.

Die Speicherung von Nährstoffen im Boden

Im Boden gibt es Tonminerale und Humus, an denen sich Nährstoffe anlagern können. Tonminerale und Humus sind negativ geladen, so dass sich positiv geladene Teilchen (Kationen) anlagern können. Es besteht immer ein Gleichgewicht zwischen der Bodenlösung und den angelagerten Ionen. Sollte das Gleichgewicht gestört sein, kommt es zur Diffusion der Kationen in die Bodenlösung oder zu Auswaschung in tiefere Bodenschichten/Grundwasser.

Negativ geladene Teilchen (Anionen) werden von der Pflanze sehr schnell aufgenommen, doch nur solange ein Bedarf da ist. Ist dies nicht mehr der Fall, droht die sofortige Auswaschung! Sehr problematisch bei Nitrat (NO3-)!

Die Menge der Tonminerale und Humuskomplexe ist abhängig von der Bodenart! Sandböden weisen wenig auf. Auf ihnen besteht ein hohes Risiko, dass Nährstoffe ausgewaschen werden. Deswegen sollte auf Sandböden organisches Material zur Bildung von Humuskomplexen verstärkt eingesetzt werden. Soll dennoch mineralisch gedüngt werden, dann im Idealfall häufiger in kleineren Mengen.

Lehm- und Tonböden weisen einen höheren Anteil an Tonmineralen auf. Ihre Nährstoffspeicherkapazitäten sind entsprechend höher. Auch hier ist die Einbringung von organischem Material sinnvoll, um das Bodenleben zu fördern.

Pflanzen lieben es neutral

Pflanzen wollen elektrisch neutral bleiben. Das heißt, wenn sie ein Ion über die Wurzeln aufnehmen geben sie auch ein Teilchen gleicher Ladung wieder über die Wurzeln ab. Kationen sind positiv geladene Teilchen, in diesem Fall:

NH4+, K+, Ca2+, Mg2+, Fe2+, Mn2+, Zn2+, Cu2+und H3O+

Anionen sind negativ geladene Teilchen, in diesem Fall:

NO3-, H2PO4-, HPO42-, PO43-, SO42-, BO3-, MoO42-, Cl- und OH-

Im austausch für die Aufnahme von Kationen und Anionen durch die Pflanze gibt diese überwiegend H₃O+ und OH- ab. Dies hat maßgeblichen Einfluss auf den pH-Wert! Praktisch bedeutet dies, dass wir durch unsere Düngung den pH-Wert unseres Bodens maßgeblich mitgestalten. Der optimale pH-Wert hängt vom angebauten Gemüse ab. In unseren Pflanzensteckbriefen findet ihr den pH-Wert für die jeweiligen Gemüse angegeben, wenn verlässliche Quellen hierzu verfügbar waren. Auch einige Pflanzenkrankheiten lassen sich über den pH-Wert beeinflussen. So hemmt ein pH-Wert von >7 das Schadpotential von Kohlhernie. Allerdings sind die Nährstoffe bei unterschiedlichen pH-Werten unterschiedlich pflanzenverfügbar. Im Bereich eines mäßig sauren pH-Wertes von 5,5 bis 6,0 ist die Verfügbarkeit von Hauptnährstoffen am größten. Die Verfügbarkeit der Spurenelemente, Ausnahme Molybdän, ist im alkalischen Bereich besser.

Wenn die Pflanze keine Nährstoffe aufnimmt

Es gibt verschiedene Situationen, in denen die Nährstoffaufnahme oder der Nährstofftransport innerhalb einer Pflanze nicht funktioniert.

Bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit ist die Fähigkeit der Pflanze zu transpirieren eingeschränkt. Dies hemmt den Nährstofffluss. Es treten physiologische Schäden wie zum Beispiel Innenbrand auf. Einige Pflanzen sind in der Lage, mit diesem Problem umzugehen, indem sie aktiv Wasser über die Blätter abgeben. Diesen Vorgang nennt man Guttation. Bei anhaltend hohen Temperaturen über 28 °C schließt die Pflanze ihre Spaltöffnungen, was ebenfalls den Transpirationsstrom hemmt.

Bei starker Überdüngung eines einzelnen Nähriones kann dieses die Aufnahme anderer Nährionen (gleicher Ladung) durch die Pflanze behindern. Diesen Vorgang nennt man Ionenantagonismus.

Pflanzenkrankheiten können Wurzeln und Leitungsbahnen der Pflanzen beschädigen. In der Regel treten sie aber herdartig auf, was sie gut von tatsächlichem Mangel unterscheidbar macht.

Bei der Einarbeitung von organischem Material mit einem hohen C-zu-"glossary-term" data-bs-toggle="tooltip" title="N ist das chemische Kürzel für Stickstoff (Nitrogenium)." data-glossary-id="112">N-Verhältnis kann es zu einer temporären N-Sperre im Boden kommen.

Pathogene, Witterung und falsche Düngung können Nährstoffmangelsymptome in der Pflanze auslösen. Diese können nicht mit zusätzlicher Düngung behoben werden! (Ausnahme N-Sperre)

info icon Information

Einige typische Beispiele für Nährstoffmangel in der Pflanze sind auf den folgenden Internetseiten gut dargestellt:


Tomaten: Blütenendfäule:
(https://pflanzenschutzdienst.rp- giessen.de/pflanzenschutzinfothek/gemuese/tomate/bluetenendfaeule/)


Kopfkohl: Innenbrand:
(https://pflanzenschutzdienst.rp-giessen.de/pflanzenschutzinfothek/gemuese/kohlgemuese/innenbrand/)


Salat: Randen:
(https://pflanzenschutzdienst.rp- giessen.de/pflanzenschutzinfothek/gemuese/kopf-und-schnittsalat/randen


Innenbrand
(https://pflanzenschutzdienst.rp-giessen.de/pflanzenschutzinfothek/gemuese/kopf-und-schnittsalat/innenbrand/)

Rechtliche Rahmenbedingungen

Düngegesetz: Beinhaltet die Regeln zur Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Pflanzenhilfsmitteln und Kultursubstraten. Außerdem werden die Anforderungen für das Inverkehrbringen von Düngern festgelegt.

Düngeverordnung DüV: Beschreibt, wie Düngung anhand der guten fachlichen Praxis stattfinden sollte.

Wenn es um die Optimierung der Düngung geht, ist Beobachtung unerlässlich. Die aktuelle Vorgehensweise bei der Düngebedarfberechnung stellt einen Mindeststandard dar. Sie gibt einen wichtigen gesetzlichen Rahmen vor, innerhalb dessen wir optimieren können. Der Rahmen der gesetzlichen Vorgaben basiert auf erfahrungswissenschaftlich erhobenen Kennzahlen und bildet damit eine solide, funktionale Grundlage. Je nach Betrieb, Boden und Klima kann diese für den eigenen Betrieb im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben angepasst werden, um wirtschaftlich rationaler und noch umweltschonender zu agieren. Seminare von selbsternannten „Düngeprofis“ ohne wissenschaftlich fundierten Hintergrund sollten mit Vorsicht genossen werden. Gerade wenn es sich um die Düngung mit Mikronährstoffen handelt. Diese können sich im Boden anreichern und wirken dann wurzeltoxisch.

book icon Literatur

Grundlagen:

Seipel: Fachkunde für Gärtner/-innen, ISBN 978-3-582-32197-8

Sachweh: Grundlagen des Gartenbaus, ISBN 978-3-8001-1184-8

Laber: Gemüsebau, ISBN 978-3-8186-1831-5

Weiterführend:

Cropp: Praxishandbuch Bodenfruchtbarkeit, ISBN 978-3-8186-1179-8

Kretschmann: Mulch total, EAN: 978-3-922201-18-2

Harrar: Die letzte Chance für eine Zukunft ohne Not, ISBN-10 ‏ : ‎ 3931330214

Mefferd: Organic No-Till Farming Revolution, ISBN-10 ‏ : ‎ 0865718849

Pommeresche: Humussphäre, ISBN-10 ‏ : ‎ 3922201504

Edwin Scheller: Grundzüge einer Pflanzenernährung des Ökologischen Landbaus, ISBN 978-3-941232-09-9